Warum Fremdeln so wichtig für die Entwicklung ist

Warum Fremdeln so wichtig für die Entwicklung ist

Warum Fremdeln so wichtig für die Entwicklung ist

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Für Omas und Tanten ist es immer ein Schock, wenn Enkel, Nichten oder Neffen plötzlich nichts mehr mit ihnen zu tun haben wollen. Es ist noch gar nicht so lange her, da ließen sich die Kinder fröhlich herumtragen und jetzt verstecken sie sich verschreckt bei der Mama oder dem Papa. Fremdeln nennt man diese so wichtige Entwicklungsphase bei Kindern, die nichts mit Sympathie oder Antipathie zu tun hat. Omas und Tanten sollten daher nicht beleidigt reagieren, wenn ein Kind fremdelt, es hat lediglich gelernt, besser zu sehen.

Eine Frage des Vertrauens

Ein neugeborenes Kind weiß schon sehr genau, was wichtig ist und was nicht. Wichtig ist in erster Linie, dass da jemand ist, der es hält, füttert und sich aufmerksam mit ihn beschäftigt. Babys spüren sehr genau, ob ein anderer Mensch sich auf sie einlässt und ob dieser Mensch Sicherheit vermittelt. Neugeborene erkennen die Stimme und auch den Geruch der Mutter, aber auch vertraute Signale, nur dass diese Signale keine vorrangige Rolle spielen. Ein Baby unterscheidet nicht zwischen sich und anderen Menschen, es muss vielmehr den Unterschied zwischen sich selbst und seiner Umwelt erst einmal lernen. Ist das Kind vier Monate alt, dann macht es einen großen Schritt in seiner Entwicklung, denn es kann plötzlich Menschen visuell voneinander unterscheiden und wenn das der Fall ist, dann ist auch das Fremdeln nicht mehr weit.

Auf die Sehschärfe kommt es an

Wenn ein Kind zur Welt kommt, dann ist die Netzhaut des Auges noch nicht ausgereift und das Sehzentrum im Gehirn noch nicht so aktiv. Erst im Verlauf des ersten Lebensjahres entwickelt sich die Sehschärfe und damit können Kinder Personen auch an ihren Aussehen unterscheiden. Mit dem Erkennen kommt auch die Differenzierung und schließlich das Fremdeln. Tanten und Omas gehören nicht zu Vertrauenspersonen, sie sind nicht in dem engen Kreis der Menschen, die das Baby bisher riechen und gefühlsmäßig erfassen konnte. In der logischen Konsequenz gehen Kinder also erst einmal auf Abstand, sie fremdeln und suchen instinktiv nach den Menschen, die zu ihrem vertrauten Kreis gehören.

Willkommen im Club

Babys, die fremdeln, haben erkannt, dass die Oma, die Tante oder auch die Nachbarin nicht zum Club der vertrauten Menschen gehört. Wenn sie sich jedoch ordentlich benehmen, dann steigt die Chance, dass sie in diesen Club aufgenommen werden. Mit einem ordentlichen Benehmen ist hier gemeint, dass sich das Kind in der Anwesenheit von Tante, Oma oder Nachbarin sicher fühlen kann, und solange das nicht der Fall ist, wird es fremdeln. Eltern sollten ihren Verwandten, Freunden und Bekannten erklären, warum sich das Kind abweisend verhält und dass es damit niemand verletzen möchte. Wenn ein Kind fremdelt, dann nehmen es die Eltern instinktiv in den Arm und bieten ihm so den sicheren Hafen, den es in diesem Moment braucht. Je mehr man das Baby in dieser Situation in Ruhe lässt, umso schnell kann es die fremden Personen einordnen und es dauert in der Regel nicht allzu lange, bis das Kind von ganz alleine kommt.

Fremdeln hat einen Sinn

Nicht selten sind Eltern beunruhigt, wenn ihr Kind fremdelt, denn sie haben Angst, dass sich ihr Sohn oder ihre Tochter zu einem eher scheuen und ängstlichen Menschen entwickeln könnte. Diese Sorge ist allerdings unbegründet, denn die Reserviertheit gegenüber Menschen, die das Kind nicht so oft sieht, ist ein Teil der Entwicklungsphase. Allerdings sind nicht alle Kinder so reserviert, denn es gibt Kinder, die sind von Natur aus vorsichtig, andere sind offen und vertrauensvoll. Wenn Kinder noch klein sind, dann ist diese Offenheit niedlich, später kann sie allerdings gefährlich werden. Eltern sind daher gut beraten, ihre Kinder fremdeln zu lassen, denn so bauen sie eine gesunde Distanz auf.

Bild: © Depositphotos.com / ababaka

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“Ulrike Dietz ist verheiratet, Mutter von zwei Kindern und lebt im Hochsauerland. Die Journalistin und Buchautorin schreibt Artikel zu vielen Themen und bezeichnet sich selbst als flexibel, aufgeschlossen und wissbegierig.

— Ulrike Dietz

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