Magersucht bei Kindern – wie verhalten sich die Eltern richtig?
„Ich bin zu dick“ – fast jede Mutter hat von ihrer Tochter schon einmal diesen Satz gehört. In den meisten Fällen verbirgt sich hinter diesem Satz jedoch kein Problem, ausgenommen es handelt sich um ein modisches Problem. Wenn das Kind aber immer dünner und sein Essverhalten immer auffälliger wird, dann kann es sich um Anorexia nervosa handeln, eine Krankheit, vor der die meisten Eltern große Angst haben. Rund ein Fünftel der Kinder zwischen elf und 17 Jahren hat eine ernst zu nehmende Essstörung und rund 90 % der Betroffenen sind Mädchen. Wie verhalten sich Eltern richtig, wenn ihr Kind an Magersucht erkrankt?
Ein Problem der Pubertät
Magersucht tritt in der Regel während der Pubertät auf, denn in dieser Zeit durchlaufen Körper und Seele einen gewaltigen Veränderungsprozess. Aus einem Mädchen wird eine junge Frau mit den entsprechenden Proportionen und die Launen pendeln von einem Extrem ins andere. Viele Eltern halten die Gewichtsveränderungen in der Pubertät für normal und so fällt oftmals gar nicht auf, dass ein Kind stark an Gewicht verliert und die Essgewohnheiten ins Krankhafte abrutschen. Dazu kommt, dass die betroffenen Kinder Strategien entwickeln und so die Essstörung lange geheim halten können.
Die typischen Verhaltensmuster
Eltern, die den Verdacht haben, dass mit der Körperwahrnehmung ihres Kindes etwas nicht stimmt, die sollten den Sohn oder Tochter sehr genau beobachten. Die Anzeichen einer Anorexia haben ein klassisches Muster, das kaum übersehen werden kann, wenn man genauer hinschaut:
- Eine tägliche Gewichtskontrolle vor dem Spiegel und auf der Waage
- Vermeidungstaktiken beim Essen, wie viel Wasser vor der Mahlzeit trinken
- Diäten werden zu einem ständigen Thema
- Eine verzerrte Wahrnehmung des eigenen Körpers (Ich bin so fett)
- Exzessives Fitness- oder Sporttraining
- Vermeidung von Speisen, die dick machen und ständiges Kalorienzählen
- Fressattacken
- Ein Gewichtsverlust von mehr als sechs Kilogramm in drei Monaten
Ein deutliches Zeichen dafür, dass das Kind magersüchtig ist, sind aber auch Kreislaufstörungen, Schwindelanfälle und die sogenannten „Hungerhaare“, die sich auf den Armen und im Gesicht bilden. Kein Zweifel besteht mehr, wenn das Kind nach dem Essen im Badezimmer verschwindet, um sich zu erbrechen. Wenn Eltern diese Entdeckung machen, dann wird es höchste Zeit für eine Therapie.
Welche Ursachen hat Magersucht?
Welche Ausmaße eine Anorexia hat, das richtet sich immer nach dem Zeitpunkt, zu dem sie festgestellt wird. Generell gilt daher, je eher die Krankheit erkannt wird, umso besser lässt sie sich auch behandeln. Kinder, die an Magersucht erkranken, leiden oftmals unter einem zu geringen Selbstwertgefühl und unter einem verzerrten Selbstbild. Zu den Auslösern gehören familiäre, soziale oder auch gesellschaftliche Faktoren sowie bestimmte Schönheitsideale, auch das Diktat der Modeindustrie, die suggeriert, dass ein Modetrend nur von extrem schlanken Frauen getragen werden kann. So entsteht ein sehr gefährlicher Körperkult, der mit Fernsehshows wie „Germany´s Next Topmodel“ noch gepuscht wird.
Gefährliches Internet
Neben dem Fernsehen und der Modeindustrie gilt auch das Internet als eine Gefahrenquelle. Dort finden sich Foren und soziale Netzwerke, die diesen gefährlichen Körperkult nicht nur propagieren, sondern auch zelebrieren. Vermeintlich harmlose Namen wie „Pro-Ana“ oder auch „Pro-Mia2“ beziehen sich auf die Magersucht (Anorexia nervosa) und die Ess-Brech-Sucht (Bulimia nervosa). Kinder, die bereits unter Essstörungen leiden, sind besonders anfällig für solche Internetseiten. Eltern sollten daher sehr genau hinschauen, welche Seiten das Kind im Internet anklickt.
Was können die Eltern tun?
Wenn Eltern auf Internetseiten aufmerksam werden, die die Magersucht verherrlichen, dann sollten sie sofort den Jugendschutz unter www.jugendschutz.net informieren. Vorwürfe helfen einem Kind in dieser Situation nicht weiter, die Eltern sollten die Magersucht einfach als das akzeptieren, was sie ist: eine Krankheit. Auch Schuldgefühle helfen nicht weiter, stattdessen sollten die Eltern das Gespräch mit ihrem Kind suchen und es auf die Veränderungen ansprechen, aber nicht direkt auf die Essstörungen eingehen. Diese Gespräche erfordern von den Eltern viel Stärke und Selbstkontrolle, denn sie dürfen nicht die Fassung verlieren, wenn ihr Kind aggressiv wird oder alles leugnet. Anorexia und auch Bulimie sind seelische Störungen, die aber sehr schwere gesundheitliche Schäden verursachen können. Die Eltern sollten daher immer darauf bestehen, dass ein Arzt aufgesucht wird. Gleichzeitig sollten sie ihrem Kind aber auch klarmachen, dass sie bereit sind, es auf dem immer individuellen Weg durch die Krankheit zu begleiten und zu unterstützen. Das sollte besonders dann gelten, wenn eine Familientherapie die Lösung des Problems sein kann.
Bild: © Depositphotos.com / photographee.eu
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